HARTE MARSCHROUTE
begehbares Theaterstück nach E. Ginsburg
Ein Theaterstück, das so greifbar ist, wie ein Traum... oder ein Alptraum. Eine Mischung aus Sprech- und Körpertheater, Tanz und Improvisation, Realität und Dystopie. Eine Auseinandersetzung von einer ganz besonderen Ästhetik mit dem Persönlichkeitskult und Persönlichkeitsvernichtung; mit schrecklichen Geschehnissen, die so fern zu sein scheinen, doch in Wirklichkeit so nah sind.
IMMERSIVES THEATER
Immersives Theater hebt die Trennung zwischen Bühnen- und Zuschauerraum auf. Es kombiniert Darstellungsmuster aus Schauspiel-, Performance- und Installationskunst.
Die Ästhetik der Immersion ist eine Ästhetik des Eintauchens, ein kalkuliertes Spiel mit der Auflösung von Distanz. Sie ist eine Ästhetik des emphatischen körperlichen Erlebens und keine Ästhetik der kühlen Interpretation. Und: sie ist eine Ästhetik des Raumes.
PRESSE
WIE EIN VORGESCHMACK AUF DIE HÖLLE
„Begehbares" Theaterstück im ArtiSchocken entführte in russisches Gefängnis
„Harte Marschroute" ist ein Theaterstück für starke Nerven. Das „Arti-Schocken"-Team verwandelt das frühere Kaufhaus am Aufseßplatz in einen begehbaren Spielort und entführt die Zuschauer ins russische Gefängnis.
Wer eintritt, muss einen Mundschutz aufsetzen. Dann befindet man sich in der untergegangenen Welt der Gulags, der stalinistischen Repression und Verhöre in der Sowjetunion. Zwischen den Schauspielern spaziert das Publikum herum. Dabei gibt es keine feste Handlung, nur einzelne Szenen, die man beobachten kann.
Los geht es in einer Kantine mit Tresen. Eine Frau singt. Und dann kann sich das Publikum frei bewegen. Es gibt einen Platz, auf dem Filmausschnitte agitatorisch erklären, dass alle für die Säuberung des Staates kämpfen müssten. Daneben befindet sich das Parteibüro, in dem die Genossen sich betrinken, Leute sich rechtfertigen müssen und fertig gemacht werden. Im Freudenhaus quälen sadistische NKWD-Geheimdienstler die Prostituierten, im Gefängnis sitzen die verzweifelten Gefangenen. Nebenan in der Einzelzelle kollabieren die Isoierten. Heftig wird es in der Verhörzelle, wo es niemand lange aushält – weder die Gäste noch die Gefolterten.
Nun können die Zuschauer den verschiedenen Figuren, also einem der 18 Darsteller, folgen oder herumwandern. Und das Areal ist groß. Ein Strang erzählt von der Publizistin Ewgenia Ginzburg, die als angebliche Trotzkistin verhaftet wurde und Gefängnis sowie Arbeitslager durchlitt. Sie lernt den Lagerarzt Walter kennen und verliebt sich in ihn. Da für wird er hart bestraft von der eiskalten Chefärztin Wolkowa.
Einem NKWDler wird im Freudenhaus sein Tagebuch geklaut. Weil es kritisch klingt, wird auch er verhaftet. Der oberste Partei-Chef ermordet am Ende den sadistischen Helfershelfer, der die Prostituierten misshandelt und eine Gefangene in einer drastischen Szene vergewaltigt hat. So viele Details, dazu grelles Blitzlicht, dröhnende Stakkato-Klänge. Man glaubt, in der Hölle zu sein. Den Albtraum erweckt eine ausgeklügelte Mischung aus Sprech- und Körpertheater, Tanz und Improvisation zum Leben.
Regisseurin Viktoria Naraxsa hat bewusst auf einen roten Faden verzichtetet, zieht das Publikum mitten hinein und mutet ihm viel zu. Doch so kommt Ginzburgs Botschaft an, wenn sie am Ende zitiert wird: „Nicht nur der hat getötet, der zugeschlagen hat, sondern auch jene, die das Böse zugelassen haben". Ein Plädoyer für die Menschlichkeit, das ins Knochenmark eindringt.
CLAUDIA SCHULLER
Nürnberger Stadtanzeiger
Sa., den 22.10.2016
BESETZUNG
Ewgenia Ginzburg – Olga Komarova
Dr. Walter – Oliver Kuntze
Ärztin Wolkowa – Chriska Wagner
Major Zarevskij – Dimitri Wasserblaj
Leutnant Wewers – Aleksey Deliov
Leutnant Jelschin – Eugen Völk
Nelja Kozlowa – Elizaveta Shlosberg
Julia Karepowa – Marina Schmidt
Carola – Olga Völk
Katja – Elisaweta Sliwinska
Anna – Anastasia Frank
Jaroslawskij – Kai Kopke
Sekretärin – Marina Svetskaja
Biktaschow – Leonid Owtschinnikow
Liuba – Leonie Biegler
Nadja – Natalia Zemtsova
Awdotja Wassilievna – Elena Smirnova
Spion – Sigi Wekerle / Vladimir Peregud
Akimow – Wladislaw Stolpinski
Büffetteuse – Isabella Luzker
Sängerin – Leyla Sunshine
Kinder – Familie Smorodinski & Artur Usenko
Regie – Viktoria Naraxsa
Choreografie – Anna Melnik
Texte – Chriska Wagner, Olga Komarova, Dimitri Wasserblaj
Bühnenbild – Simona Leyzerovich
Kostüme – Olga Völk, Anastasia Frank
Musik – Ynot Records (Forgttn, 909 I.S.A., Danny Skripp, UG16), Mächtige Ulumulu
Ton – Vladimir Devyatov
Licht – Anton Yaroshenko, Fedor Nevelski
Technische Leitung – Max Eidelson
Produktionsleitung – Olga Komarova
Dr. Walter – Oliver Kuntze
Ärztin Wolkowa – Chriska Wagner
Major Zarevskij – Dimitri Wasserblaj
Leutnant Wewers – Aleksey Deliov
Leutnant Jelschin – Eugen Völk
Nelja Kozlowa – Elizaveta Shlosberg
Julia Karepowa – Marina Schmidt
Carola – Olga Völk
Katja – Elisaweta Sliwinska
Anna – Anastasia Frank
Jaroslawskij – Kai Kopke
Sekretärin – Marina Svetskaja
Biktaschow – Leonid Owtschinnikow
Liuba – Leonie Biegler
Nadja – Natalia Zemtsova
Awdotja Wassilievna – Elena Smirnova
Spion – Sigi Wekerle / Vladimir Peregud
Akimow – Wladislaw Stolpinski
Büffetteuse – Isabella Luzker
Sängerin – Leyla Sunshine
Kinder – Familie Smorodinski & Artur Usenko
Regie – Viktoria Naraxsa
Choreografie – Anna Melnik
Texte – Chriska Wagner, Olga Komarova, Dimitri Wasserblaj
Bühnenbild – Simona Leyzerovich
Kostüme – Olga Völk, Anastasia Frank
Musik – Ynot Records (Forgttn, 909 I.S.A., Danny Skripp, UG16), Mächtige Ulumulu
Ton – Vladimir Devyatov
Licht – Anton Yaroshenko, Fedor Nevelski
Technische Leitung – Max Eidelson
Produktionsleitung – Olga Komarova
VIELEN DANK!
Janna Keberlein, Daniel Berger, Vladimir Belenkij, Vladimir Bernaz, Elena Vasiljeva, Tanja Sivoronov, Elena Judina, Arno Lang, Alexander Leyzerovich, Heizhaus Nürnberg, Russisches Theater Nürnberg, Theater „Brücken“ Erlangen und alle selbstlose Helfer, ohne die die Produktion nicht zustande käme.
Das Buch
MARSCHROUTE EINES LEBENS – ein autobiographischer Roman von der sowjetischen Journalistin Jewgenija Ginsburg, eines der berühmtesten Werke über die Stalinzeit und die Massenrepressionen. Die Autorin erzählt darin von ihrer Leidenszeit als politisch Verfolgte unter Josef Stalin. Als vorgebliche Trotzkisten und Volksfeinde wurden damals um die siebenhunderttausend Menschen hingerichtet.
Die Gesamtzahl der Inhaftierten ging in die Millionen. Darunter die Ginsburg. Ihr Vergehen bestand darin, eine Unbotmäßigkeit, von der sie keine Kenntnis haben konnte, nicht angezeigt zu haben. Ihr Buch schildert die Verhöre, die selten höflich, meist brutal geführt wurden. Es schildert die elenden Bedingungen in den wechselnden Haftanstalten. Einer ihrer Vernehmer sagt einmal, man sei doch nicht die Gestapo. Die Anmerkung macht unfreiwillig aufmerksam auf Parallelen zwischen Sowjet- und Hitlerherrschaft. Freilich gab es da auch Unterschiede, etwa bei den Lagern: Jene der Nazis waren primär auf Menschenvernichtung angelegt, jene Stalins auf Zwangsarbeit, die freilich menschenvernichtende Dimensionen annehmen konnte.
Die Gesamtzahl der Inhaftierten ging in die Millionen. Darunter die Ginsburg. Ihr Vergehen bestand darin, eine Unbotmäßigkeit, von der sie keine Kenntnis haben konnte, nicht angezeigt zu haben. Ihr Buch schildert die Verhöre, die selten höflich, meist brutal geführt wurden. Es schildert die elenden Bedingungen in den wechselnden Haftanstalten. Einer ihrer Vernehmer sagt einmal, man sei doch nicht die Gestapo. Die Anmerkung macht unfreiwillig aufmerksam auf Parallelen zwischen Sowjet- und Hitlerherrschaft. Freilich gab es da auch Unterschiede, etwa bei den Lagern: Jene der Nazis waren primär auf Menschenvernichtung angelegt, jene Stalins auf Zwangsarbeit, die freilich menschenvernichtende Dimensionen annehmen konnte.
„...nicht nur der hat getötet, der zugeschlagen hat, sondern auch jene, die das Böse zugelassen haben, ganz gleich wodurch: durch das gedankenlose Wiederholen gefährlicher Theorien; das wortlose Heben der rechten Hand, das halbherzige Schreiben von Halbwahrheiten. Mea culpa...“
Die Regisseurin
VIKTORIA NARACHSA – Regisseurin, Schauspielerin, Tänzerin, Choreographin. Hat mit renommierten Theatergruppen, wie DEREVO (Dresden, DE) oder das Ingenieurtheater AXE (Sankt Petersburg, RU) gearbeitet. Regisseurin der Theaterstücke SiNIAK (Düsseldorf-Nürnberg, DE), Der Rand, Kein Schritt zurück, Das Terminal, Tarakanische (Moskau, RU), Karenina (Voronezh, RU), u.a. Im Jahr 2013 gründete Viktoria das Labor für Körpertheater in Moskau.
WIE ALLES BEGANN...
Marschroute eines Lebens
das soziokulturelle Theaterprojekt, das einen Ausbildungsteil einschließt
Projektplan
- Teil 1: Vorlesungen & Workshops
- Teil 2: Theaterlabor & Inszenierung
- Teil 3: Aufführung der Performance
- Fr., 30.09, 19:00 – Vorlesung “Performance als Spiegel der Realität. Künstlerische Mitteln in der Performance”
- Sa., 1.10 – Workshop “Das Körpertheater - Übungen, die auf die Entwicklung des Körpers des Schauspielers gerichtet sind: Gedanken und Emotionen vom Körper aus äußern. Es werden Techniken des modernen Tanzes, Butoh, Hatha-Yoga, des klassischen Balletts verwendet.” (in drei Gruppen jeweils 3 Std.)
- So., 2.10 – Workshop “Die Schauspielkunst - Übungen aus der russischen Theaterkunstschule, die auf die Entwicklung der Phantasie und der Aufmerksamkeit des Schauspielers gerichtet sind.” (in drei Gruppen jeweils 3 Std.)
- Mo., 3.10 – Workshop “Die Auseinandersetzung mit dem literarischen Material: Etüden zu den vorgeschlagenen Szenen aus dem Buch” (in drei Gruppen jeweils 3 Std.)
Ein Theaterlabor nach dem Buch von Jewgenija Ginsburg “Marschroute eines Lebens”. In zwei Wochen wird mit den Schauspielern, die an den Workshops teilgenommen haben, ein Theaterstück im Genre Ortsspezifisch / Immersives Theater* inszeniert.
*Immersives Theater – eine Form des partizipativen Theaters, in welchem die Grenzen zwischen der Wahrnehmung der Beteiligten und der Wahrnehmung ihrer Rollen verschoben werden.
"...immersives Theater nennt sich das – davon könnte Deutschland mehr vertragen."DIE WELT © WeltN24 GmbH 2016
*Immersives Theater – eine Form des partizipativen Theaters, in welchem die Grenzen zwischen der Wahrnehmung der Beteiligten und der Wahrnehmung ihrer Rollen verschoben werden.
Do., 20.10 / Fr., 21.10 im ArtiSchocken
GESUCHT:
Teilnehmer am soziokulturellen Theaterprojekt:
Künstler aller Art (Schauspieler, Tänzer, Musiker, bildende Künstler, Theaterwissenschaftler) – Profis, Laien, Studierende.
PROJEKTZIEL:
der kulturelle Austausch und Schaffen eines gemeinsamen Produktes – eines immersiven Theaterstückes (aka ortsspezifische / begehbare Performance).
PROJEKTDAUER:
29. September bis 21. Oktober 2016